Rudern in Kanada, Teil 6: Windermere Cup

von Lion Tautz

Nachdem sich der A-Junioren Doppelvierer bei der Brentwood Regatta für den Windermere Cup in Seattle (http://windermerecup.withwre.com) qualifiziert hatte, und aus verschiedenen Gründen dieser Startplatz an meinen B-Junioren Doppelvierer weitergereicht wurde, machten wir uns Freitag um 4:30 Uhr morgens per Schulbus auf den Weg in die Vereinigten Staaten. Begleitet nur von dem A-Juniorinnen Achter, dösten wir alle vor uns hin, bis wir bei der Grenzkontrolle aufgescheucht und durch diverse Sicherheitsvorkehrungen gescheucht wurden.UnbenanntNachdem dieses Geschehen uns 12 Ruderer und zwei Steuermänner aufgeweckt hatte, wurde nun laut Musik gespielt und auf den amerikanischen Highways fuhren wir mehr oder weniger schnell nach Seattle, und dort zum Campus der University of Washington. Seit vier Jahren verteidigt der Uni-Achter aus Seattle den US-Titel, und deswegen waren wir relativ aufgeregt, aus diesem Bootshaus rudern zu dürfen.

Um Mittag herum kamen wir am Unicampus an und noch herrschte die Stille vor dem Sturm. Als einzige Mannschaft riggerten wir unsere Boote auf und begaben uns anschließend auf eine Trainingsrunde auf dem neuen Gewässer. Das Bootshaus liegt fast direkt in der Stadtmitte, und so ist auch die Rennstrecke zentral. Der Windermere Cup ist eine der wichtigsten Veranstaltungen in ganz Seattle: Die Wassersportsaison wird mit der Regatta und einer anschließenden Parade offiziell eröffnet. Schon Tage vorher platzieren die Yachtbesitzer ihre Boote beidseitig entlang der Rennstrecke, und Landratten wachen Stunden vor den Rennen auf, nur um einen guten Platz am Ufer zu ergattern. Insgesamt gucken so ungefähr 100.000 Menschen zu. Diese Szenerie konnten wir nun schon einen Tag früher auskundschaften, und uns an den Lärm gewöhnen. Nach einigen Runden auf der Strecke ruderten wir wieder zurück zum Steg, und begaben uns von da zu unserem Anhänger, wo sich in unserer Abwesenheit alles verändert hatte. Hatten wir vor einer Stunde eine leere Graswiese hinterlassen, wurden wir nun von Trucks und Anhängern und Booten über Booten begrüßt. Selbst der neuseeländische Nationalachter war eigens für den Windermere Cup angereist.
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Für uns war aber Energiesparmodus angesagt, und deswegen durften wir nicht aufgeregt über den Regattaplatz hüpfen, sondern wurden zurück zu unserem Hotel gefahren. Dort entspannten wir nun und legten uns auch bald schon hin und schliefen ein, bereit, das Rennen am nächsten Morgen zu attackieren.
Am Samstag Morgen an der Rennstrecke gingen wir noch ein letztes Mal über den Plan fürs Rennen (Es war unser Erstes über 2000 Meter) und dann ließen wir das Boot zu Wasser. Ein wenig nervös drehten wir auf der Warmup-Strecke unsere Runden, bis unser Rennen an den Start gerufen wurde. Es war so weit, wir begaben uns in den Tunnel aus Yachten und warteten auf das Startsignal. Nun gab es kein zurück mehr, Konzentration war angesagt. Schon am Start war es so laut, dass wir fast den Starter verpasst hätten. Glücklicherweise hörte unser Steuermann ihn und los ging das Rennen. Wie erwartet waren wir letzter nach den ersten zwanzig Schlägen, hohe Schlagzahlen sind nicht unsere Stärke. Direkt zur Streckenfrequenz zu kommen und von da an langsam an die anderen Boote ranarbeiten, das war der Plan gewesen. Und als wir die 750m-Marke passierten konnten wir langsam erahnen, dass die Strategie keine schlechte gewesen war. Mit jedem Schlag erschien in unserem Augenwinkel ein bisschen mehr der Boote vor uns, bis wir kurz vor der 1000m-Marker nicht mehr letzter waren. Auf einmal hörten wir wieder allen Lärm, den wir bisher ausgeblendet hatten, und es schien uns so, als wären drei Weserstadien angereist, um nur uns anzufeuern. Motiviert von dieser Idee dauerte es nicht mehr lange bis wir uns bis auf zwei Sitze an das führende Boot herangeschoben hatten. 500 Meter waren noch verblieben im Rennen, und nun begaben wir uns in das Stadtzentrum von Seattle, wo auf beiden Seiten der Strecke, und auf Brücken und sogar in Militärhelikoptern über uns die Zuschauer platziert waren. Gepackt von dieser Atmosphäre legten wir unseren Sprint hin, der uns zwar leider nicht mehr auf Goldkurs bringen konnte, aber uns absetzte von allen anderen Booten.
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So kamen wir überraschend als Zweiter in der zuschauermäßig größten Regatta Amerikas in einem A-Junioren Rennen über die Ziellinie, was alle unsere Erwartungen übertraf. Nun warteten wir am Ende der Strecke auf das Ende aller Rennen und bereiteten uns auf die anschließende Parade vor. Für die Parade ruderten wir die Strecke zurück, zwischen all den Yachten und wurden ab und zu von Bierflaschen und anderem beworfen, was die allgemeine Begeisterung sehr gut widerspiegelte. Als wir wieder zurück am Steg ankamen, riggten wir die Boote in Rekordzeit ab und machten uns so schnell wie möglich auf den Weg nach Hause, um zeitig schlafen gehen zu können. Nach dem Windermere Cup trennt uns nun nur noch eine Regatta von den Kanadischen Meisterschaften: Die Shawnigan Regatta am kommenden Wochenende. Ich werde pflichtgemäß berichten, und bis dahin auf Wiedersehen.