Rudern will gelernt sein – engagierte Ausbildung im VRV

Rudern ist ein wunderbarer Sport. Er fordert Kraft und Ausdauer. Außerdem bringt er viel Genuss in der Natur und in Gemeinschaft. Aber: Rudern will gelernt sein. Es ist ein anspruchsvoller Bewegungsablauf, man muss sich mit den Booten auskennen und vor allem mit dem Verhalten auf dem Wasser.

Alljährlich melden sich beim Vegesacker Ruderverein ca 15 – 20 Personen an, um die Ruderschule zu besuchen. Wie ist es nun zu schaffen, dass 5 – 6 Boote mit Neulingen gefahrlos auf das Wasser gehen? Dies ist nur durch das Engagement erfahrener Ruderinnen möglich, allen voran Petra Dirlam und Andreas Liesenhoff. Unterstützt werden sie von 12 weiteren Ausbildern – denn vor allem bei den ersten Fahrten auf der Lesum sollen jeweils 2 Ausbilderinnen die Boote besetzen, um zu steuern und um zu stabilisieren. Doch bevor die Gruppe soweit ist, braucht es einiges an Vorbereitung:

Im Winter sichten Petra Dirlam und Andreas Liesenhoff die Anmeldungen, kontaktieren die Interessenten und legen Termine fest. Innerhalb eines Monats, sollen die Anfänger die Grundzüge des  Ruderns erlernt haben – d.h. Planung von 10 Terminen im April. Im März trommelten die beiden das Ausbildungsteam zusammen, um die Termine abzustimmen („bitte keinen Urlaub planen!“) und erinnern an die vom DRV vorgegebenen Ruderbefehle. Für ein harmonisches und auch gefahrloses Rudern ist es immens wichtig, dass im Boot eine gemeinsame Sprache gesprochen wird, alle verstehen und unmittelbar umsetzen können, was gemeint ist, wenn es z.B. heißt „Ruder halt, stoppen, stoppt, Wende über Backbord aus der Rückenlage voraus!“

Der erste Ruderschultermin findet in der Bootshalle statt. Es werden Boote gezeigt, wo Wander- und Rennboote liegen und erklärt, was Skulls, Dollen und Stemmbrett sind, wo man Steuer und Steuermannsitze findet, wie man sich ins elektronische Fahrtenbuch einträgt uvm. Ein erstes Rudern findet auf Ergometern statt. Petra Dirlam macht den Bewegungsablauf vor: Rücken grade, die Hände unter der Brust, Oberköper vorbeugen, wenn die Hände über den Knien sind, langsam vorrollen Hände bleiben auf der Höhe, nun schieben die Beine, Rücken bleibt grade, auch wenn er sich im Endzug nach hinten legt…..Nun darf es erprobt werden und vor allem viel Ermutigung: keine Sorge, ihr werdet es lernen. Die nächsten drei Treffen finden im Ruderbecken der Constructor Uni statt.

Hier kann vom Einsteigen, Rudern, Wende, bis zum Austeigen alles gefahrlos erprobt werden. Andreas Liesenhoff und Petra Dirlam gehen von einer zum anderen, erklären, korrigieren  – alles bei bester Laune.

Beim vierten Treffen wird es Ernst – es geht aufs Wasser. Die Neulinge sind gespannt und aufgeregt. Die Sonne strahlt, das Wasser ist hoch und ruhig – beste Bedingungen

 

Alles ist bestens organisiert: Die Gruppe rudert in 2 Schichten – , da es am Anfang doch noch viel Zeit kostet, die Abläufe zu erklären. Die Mannschaften sind eingeteilt, je Boot 2 Ausbilderinnen. Diese nehmen nun ihre Mannschaft unter ihre Fittiche. Alle helfen sich gegenseitig die schweren Boote aus der Halle zu tragen und auf Böcke zu legen. Nun kommen die Feinarbeiten: Dollen aufdrehen, Stemmbretter je nach Größe einstellen, Skulls auf den Steg tragen – und dann das Boot zu Wasser lassen. Die Spannung steigt vor dem Einsteigen – Die Ausbilder strahlen fröhliche Ruhe aus: „Ihr habt das Einsteigen im Ruderbecken prima gelernt. Auch wenn das echte Boot schwankt, ist der Ablauf der gleiche! Jede Person wird einzeln begleitet. Immer und immer wieder die Details geduldig erklärt:

“ Die Hand auf der Wasserseite hält die Skulls zu einem „V“ zusammen, die andere Hand hält sich am Dollbord, ein Fuß ins Boot, der andere schwingt ins Stemmbrett und schon sitzt du“ ! Nun wird geschaut, ob das Stemmbrett richtig eingestellt ist – die Skulls unter die Brust gezogen werden können….und dann kann es losgehen. Noch werden die Boote aufs Wasser geschoben – später lernen die Schüler sich selbst abzustoßen.

Erhöhte Aufmerksamkeit der Ausbilder ist nun gefordert. Wie werden die Neulinge den gelernten Bewegungsablauf umsetzen? „Alles voraus und los!“ Das Boot schwankt, die Skulls werden in der Aufregung zu tief durchs Wasser gezogen, die Ausbilderin im Bug stabilisiert. „Ruder halt!“ Nun gilt es, Vertrauen in die Sicherheit des Bootes und die eigenen Fähigkeiten zu vermitteln. Kleine Übungen helfen dabei, die mit ruhigen und klaren Anweisungen von den Steuerleuten erklärte werden – mal das Boot extra zum Schwanken bringen, mal nur die Arme bewegen, mal rudert nur eine Anfängerin, um die Wirkung ihrer Bewegung auf das Bootsverhalten zu spüren. Alle schaffen es bis fast zum Sperrwerk und zurück bis fast an die Wesermündung zu rudern – inclusive 3x Wenden. Glücklich strahlend steigen alle aus den Booten: geschafft! Petra Dirlam und Andreas Liesenhoff rufen alle nochmal zusammen und fragen: Kommt ihr wieder? Einstimmiges „Ja“

Beim nächsten Mal herrschen ganz andere Bedingungen: Es schüttet – und noch schlimmer, ein kräftiger Nordwestwind baut Wellen auf. Doch die beiden Ausbildungsleitungen sind sich sicher: Das wird gleich ruhiger und entscheiden sich, aufs Wasser zu gehen. Die anderen Ausbilder nehmen es mit skeptischer Gelassenheit – die beiden werden es schon wissen – und leiten ihre Mannschaften, wie gehabt an – Sturm und Regen zum Trotz.

Klar, das war eine Herausforderung nicht zur für die Neuen, auch für die Ausbilder, gerade bei diesem Wetter, die Fähigkeiten jedes einzelnen im Blick zu haben und notwendige Anweisungen zu geben. Aber wie vorhergesagt. Es wurde ruhiger, alle landeten sicher am Steg und hatten unter widrigsten Bedingungen hinzugelernt.

Glücklicherweise herrschten bei den nächsten 3 Übungseinheiten beste Bedingungen, Stauwasser und Sonnenschein. Die Ausbilder konnten auf die Details achten – die Ruderbewegung im Zeitlupentempo anleiten oder auch mal das Boot in Fahrt bringen lassen.

Beim letzten Mal gab es einen dicken Applaus – die meisten wollen weiter machen!

Was motiviert eine so große Gruppe von Ausbildern zwischen 20 und 40 Stunden im Monat Freizeit zu investieren – immerhin sind die meisten von ihnen nebenbei berufstätig?

Es ist die Identifikation mit dem Verein, das Wissen, dass der Sport und die Gemeinschaft nur dann funktionieren, wenn die Mitgliederzahlen gehalten werden. Es ist die Freude, daran mitzuwirken, anderen das Rudern beizubringen und das Lernen zu einem gemeinsamen Erfolgserlebnis zu machen.