Fari Cup Teil 1

Fari-Cup 2019 – Antwort auf eine wichtige Frage

Samstagmorgen, der erste im November. Es regnet in Strömen als ich am Hamburger Bahnhof gegen 10 Uhr ankomme. Der Herbst kann schönere Seiten zeigen, aber wenigstens bläst kein starker Wind auf die glatte Oberfläche der Alster.

Auf dem Weg hierher habe ich mich mal wieder selbst gefragt: warum machst du das? Samstags um 6:30 aufstehen um bei 6 Grad und Dauerregen rudern zu gehen. Antworten will ich mir nicht, wohlwissend dass spätestens beim Betreten des Bootshauses von Favorite Harmonia diese Frage keinen Platz mehr in meinem Kopf hat.

Als erste treffe ich Thurid, Ute, Mechthild, Petra, Karin und Wolfgang. Wie schön, denke ich, dass nicht nur die „Kerls“ vom VRV vertreten sind. Nach und nach sehe ich unsere Mannschaft zusammen kommen. Ingolfs verschränkte Arme und leicht gebeugter Kopf verraten mir, auch er freut sich nicht über das Wetter. Kollektiv wird dann aber festgestellt: gegen Mittag hört der Regen auf.

Jetzt erstmal ins Bootshaus, der Obmannbesprechung zuhören und ein paar alte Weggefährten aus längst vergangenen Zeiten treffen. In diesem schönen, gepflegten Umfeld begegnet mir so manches Gesicht, dessen altersbedingter Anblick mich stutzig macht. Die Jahre zu zählen erspare ich mir, die Freude des Wiedersehens überwiegt. Das alleine ist schon die Anreise wert.

Rickmer verkündet uns, „zwischen 11:30 und 11:50 müssen wir aufs Wasser. Start ist um 13:15“. Das ist ausreichend Zeit aber um nicht in Eile zu geraten gehen wir zum Bus, ziehen uns um, um gleich darauf Frau Mahlzahn fertig zu machen.

Der Regen wird weniger. Trotzdem behalte ich meinen Südwester auf, auch wenn ich dadurch mehr wie ein Fischer als Ruderer aussehe.

Wir gehen aufs Wasser. Wie gewohnt, Lars und Rickmer auf den Schlagplätzen, dahinter Olaf und ich, hinter mir Carsten, Ingolf, Andreas und Hans-Gerd.

Ingolf ist für Stefan eingesprungen, der am Vortag aus gesundheitlichen Gründen abgesagt hatte.

Die Cox-Box geht an, „Radio Lisa“ ist on Air und verpasst mir ein Lächeln. Dabei denke ich: wie schön, wir haben die tollste Steuerfrau der ganzen Regatta an Bord. Das stellt sie auch sogleich unter Beweis. Drohen anderen Teilnehmern Strafminuten, weil sie die Fahrtregeln nicht beachten, erspart Lisa uns diese Unannehmlichkeiten. Diese Professionalität hatte sie letztes Jahr bereits in Boston bewiesen.

Wir rudern die Alster hoch bis kurz vor der Schleuse in Ohlsdorf. Unzählige Achter tummeln sich zwischen Startbereich und Schleuse inmitten der vielen herbstlichen Farben der Bäume, die das Ufer säumen. Ein toller Anblick den ich jedes Mal geniesse. Diese Phase des Wartens hat ihren sehr eigenen Charme. Es wird gewitzelt, über Gegner gerätselt und Spannung vor dem Start aufgebaut. Der Regen hat aufgehört und wir entledigen uns der Regenklamotten, Olaf, wie immer, ein Bisschen mehr. Er fährt nur im Einteiler- wow! Die Sonne kommt raus und Olaf wird gefragt „brauchst Du Sonnencreme?“.

Langsam rudern wir zum Startbereich.

Dieses Jahr haben wir nur zwei Gegner, Flensburg (Nr 169) und eine Renngemeinschaft von Bremerhaven und 82 (Nr. 171). Flensburg ist traditionell als gut einzuschätzen, die Rgm 82 und Bremerhaven hat einige bekannt Namen.

Ein C-Achter wird zwischen Flensburg und uns mit rein geschoben, da er seine eigentliche Startzeit verpasst hat.

Wir gehen in Startposition. Konzentration und Spannung bauen sich auf.

Dreiviertel Auslage, Augen leicht geschlossen, tiefes Einatmen. Ich liebe diese Spannung.

Das Kommando folgt, Lars zieht an, alle sind zusammen – guter Start. Etwa 20 Schläge dann überqueren wir die Linie zur Zeitmessung. Mit Schlagzahl 32  schneidet Frau Mahlzahn durchs Wasser.

200 Meter sind gerudert, da startet 82/ Bhv. Nach ungefähr 800 Metern kommt eine Brücke und ich schaue auf meine Uhr, die ich zwischen meinen Füssen eingeklemmt habe. Ich merke mir die Sekundenzahl um zu sehen, wie lange es dauert bis die Nr 171 bei der Brücke ist. Noch ist keine Veränderung zu merken. Lisa lässt uns die ersten 10er Konzentrationsschläge rudern. Das Boot reagiert und läuft etwas sauberer. Nach 2.000 Metern wieder eine Brücke und wieder schaue ich auf den Sekundenstand. Als 171 nach uns an der Brücke ist, ist der Abstand gewachsen – yeah!

Weiterhin läuft das Boot stabil, keine Schwächen – Super! Und weiterhin kann ich von Brücke zu Brücke feststellen, dass der Abstand wächst.

Wir kommen dem C-Achter näher und dieser bereitet uns Überholprobleme. Fast sind wir vorbei, da zieht der Überholte nach Steuerbord und bekommt einige Schläge von Lars Blatt am Bug ab. Unbeirrt ziehen wir weiter vorbei und kommen auf die Aussenalster. 3.000 Meter noch. Doch was jetzt? Mir scheint, dass die 171 wieder herankommt, bis mir auffällt, es ist die 172, nicht unsere Gegner. Die 171 kann ich nicht sehen – Platz 2 ist sicher.

Nach 5.500 Metern ruft Lisa „Ihr habt nur noch eine Länge zur 169“. „Wie“, denke ich, wir haben fast zwei Minuten auf Flensburg gut gemacht?!? Dann werden wir gewinnen. Und das Boot läuft und läuft. Jetzt habe ich auch eine Antwort zur Frage von heute morgen. Ich fühle mich prächtig und habe ein Freudenfeuerwerk zwischen meinen Ohren.

Das Zielsignal ertönt und sofort müssen wir abbremsen weil Flensburg direkt vor uns liegt. Wir hatten sie fast eingeholt und die 171 ist noch nicht zu sehen.

Es geht zurück an den Steg wo wir herzlich empfangen werden. Aussteigen, Umarmen, Lachen, sich untereinander gratulieren, wir alle geniessen diesen Moment. Dann wird zügig abgeriggert, verladen, geduscht.

Der letzte Teil der Regatta erfolgt im Bootshaus von Favorite. Lisa kommt mit dem Ergebnis. Wie auch ich hatte sie die Befürchtung, dass uns wegen der leichten Kollision mit dem Hamburger C-Achter eine Strafminute hätte aufgelegt werden können. Dem aber ist nicht so und so ist das Ergebnis:

VRV ist 1:34 vor Flensburg, 2:21 vor Bhv/82. Das ist deutlich und wird mit Bier gefeiert. Ein paar 82er kommen gratulieren. Alles nette Kerls, wie wir und das alles in dieser wunderbaren Atmosphäre von Favorite.

Nochmal geht mir die Antwort meiner Frage vom Morgen durch den Kopf: Rudern macht glücklich

Wie es wohl unseren Masterinnen ergangen ist? Das lest Ihr im folgenden Bericht.

Marten Benjes